Gamification im Controlling: Kalter Kaffee oder heißer Stoff?

Gamification

Das ganze Leben ist ein Quiz! So bereicherte Hape Kerkeling vor vielen Jahren zumindest die Musikwelt.

Er will doch nur spielen! So denke ich ab und an, wenn ich mal wieder so ein zweifelhaftes Meeting habe und sich mein Gegenüber so ganz „merkwürdig“ verhält.

Außerdem erkläre ich meinen Mitarbeitern auch immer mal wieder so manche Entscheidung, als Teil des politischen Spiels, bei dem wir alle mitmachen dürfen.

Wenn man sich zudem heute die Fachpresse so anschaut, taucht selbst in der Controlling-Literatur immer häufiger das Thema „Gamification“ auf (zum Beispiel: Controlling-Journal, Ausgabe 1 aus Januar 2016)  .

Unter diesem „Kunstwort „Gamification“ wird im Allgemeinen das Aufbrechen der täglichen Normen und Routinen im Arbeitsalltag genannt, um diese durch spielerische Elemente zu ersetzen oder zumindest zu ergänzen. Dahinter steckt die Beobachtung, dass wir Menschen uns durch diese spielerischen Elemente („ich will gewinnen“) besser motivieren lassen.

Du willst eine wissenschaftliche Definition des Begriffs Gamification?

Bitte sehr:

„Gamification, auch als Ludifikation oder Spielifizierung bekannt, kann im Unternehmenskontext als die zielorientierte Anwendung von Spiel-Elementen in Form spezieller intellektueller Stimuli auf Unternehmensprozesse verstanden werden“
Zitat Prof. Schönbohm im Artikel „Gamification: Spielplatz Controlling, Controlling Journal, Ausgabe 1, Jn. 2016

Aha.

Ok, ich sehe schon, so kommen wir nicht weiter. Lass uns dieses Thema gemeinsam mal etwas näher anschauen.

Welche Vorteile hat Gamification für Dein Controlling?

Der Vorteil der „modernen Spieltheorie soll sein:

  • Motivationssteigerung der Mitarbeiter
  • Intensivere Teilung des vorhandenen Wissens
  • Organisationsstrukturen haben in dem Spiel keine Rolle
  • Individuelle Bewertungen der Unternehmensprozesse und der Unternehmenskultur werden ausgeblendet

Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass diese Methode nicht zwingend davon ausgeht, dass zukünftig permanent im Unternehmen gespielt werden soll. Vielmehr kann diese Methode immer dann eine zusätzliche Option sein, wenn große Entscheidungen anstehen. Hier kann der Geschäftsführer eines KMUs seine Mitarbeiter zu einem Spiel „einladen“, um die kreativen Prozesse bei den Mitarbeitern in Gang zusetzen. Alle Mitspieler sind dann gleichberechtigt und haben ein gemeinsames Ziel. Die Gruppendynamik entsteht und es wird eine Energie freigesetzt, die im Unternehmensalltag eher selten genutzt wird. Eine sehr gute Zusammenfassung der Gamification-Methode im Controlling finden Sie übrigens in dem Artikel „Gamification im Controlling: Spielend zum Erfolg?

Es geht also im Wesentlichen darum, den Mitarbeiter als Mensch mit Emotionen zu verstehen und über diese emotionale Ebene auf ein Thema einzuschwören.

Ich bin ganz ehrlich: Ich mag den Gedanken, nicht alles so bierernst und trocken zu sehen und eher mit einem Spiel zu vergleichen. Außerdem begrüße ich durchaus, dass unterschiedliche Wege beschritten werden, um ein Ziel zu erreichen. Ich bin auch sowieso der Meinung, dass in jedem Unternehmen Hierarchien wichtig sind.

Aber deshalb sollten die Führungskräfte bloß nicht glauben, sie seien etwas Besseres und nehmen in der Folge die eigenen Mitarbeiter nicht ernst. Eine gute Führungskraft nutzt das Wissen und die Meinung der eigenen Mitarbeiter, um gemeinsam eine Linie zu finden. Wenn Du über Deine Rolle als Führungskraft und Deinen Führungsstil generell noch mal nachdenken möchtest, dann empfehle ich Dir das Buch „Ärmel Hoch!“ von Gudrun Happich.

Unabhängig vom Begriff „Gamification“ rede ich ja auch gerne davon, dass 5-Sterne Controller lieber „Mitspielen statt Zuschauen!“. Was also läge da näher, als dass wir uns dem Controlling im KMU-Umfeld spielerisch weiter nähern.

Gamification
Foto von: Fotograf unbekannt (pexels.com)

Lasset die Spiele beginnen!

 

 

 

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Spiel des Lebens

Jedes Unternehmen hat im Laufe des „Lebens“ seine eigene Geschichte. Es kommen neue Produkte hinzu. Manche heiraten andere Unternehmen und lassen sich wieder scheiden. Mal gewinnt man einen großen Auftrag, ein paar Jahre später gibt es eine große Wirtschaftskrise.

All diese „Zwischenfälle“ bedeuten außerordentliche Anforderungen an unser Controlling. Hier sind wir Controller gefordert und dürfen beweisen, dass wir die diversen Spielzüge und Taktiken verstehen und ebenso leidenschaftlich wie kompetent dazu beitragen, dass unser KMU diese Phasen meistert. Da alle Mitarbeiter wissen, wofür sie „kämpfen“ sind sie auch hochmotiviert und äußerst kreativ.

 

 

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Kniffel

Seien wir doch wieder mal ehrlich miteinander. Es gibt diese Situationen zu Hauf. Zu Beginn des Geschäftsjahres haben wir eine intensive Planungsrunde gemacht, in der wir tatsächlich all unser Wissen eingebracht haben. Ein paar Monate später hat sich die Welt aber weitergedreht und zwar irgendwie anders als vorherzusehen war. Dumm nur, dass wir unsere Planung an Kapitalgeber und/oder Muttergesellschaften abgegeben haben. Jetzt spielen wir Kniffel und suchen die richtigen Zahlenpaare , um gegenüber dem Planungsempfänger nicht als Voll-Depp dazustehen.

Auch hier kommt uns Controllern eine besondere Bedeutung zu. Denn natürlich wollen wir als Unternehmen nicht lügen und Zahlen erfinden, sondern es gilt die Sonderentwicklungen zu quantifizieren und anschließend zu verargumentieren. Die Aufgabe ist es, dem Planungsempfänger klar zu machen, dass diese Entwicklung nicht vorhersehbar war und möglichst auch kein nachhaltiger Kurswechsel erforderlich ist. Nicht selten dürfen wir, die Controller, diese Chance dann nutzen und solche Diskussionen teilweise vom Flipchart aus begleiten.

 

 

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Scotland Yard

Das berühmte Detektivspiel. Ein Klassiker in vielen Familien und auch im Unternehmen.

„Da stimmt doch was nicht – Geh’  der Sache mal nach!“
Schwups ist der Controller in der Detektivrolle. Es werden Daten aufbereitet, die Kollegen aus den anderen Fachbereichen befragt  und dann auch mal quer gedacht. Am Ende ist eine überraschende Entwicklung zumeist erklärt und der Grundstein für ein neues Projekt gelegt. Das soll ja schließlich nicht noch mal vorkommen.

 

 

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Schach

Dieses berühmte Brettspiel könnte quasi als Mustervorlage für all die politischen Spielchen dienen. Ich nenne diese Spielchen übrigens auch gerne „Highlevel Bullshit Bingo“ ? Warum? Weil es nur in den seltensten Fällen wirklich um die Entwicklung des Unternehmens geht, sondern vielmehr um den Erhalt oder Ausbau der eigenen Macht. Ich hasse das, aber es gehört nun mal dazu. Es ist sozusagen das Masterspiel, wo sich natürlich jeder selbst fragen darf, ob er mitspielen will oder eben nicht. Also geht es sowohl im Controlling, als auch in den anderen Fachabteilungen – egal auf welcher Hierarchieebene – sehr viel um Überlegungen: Wie kann ich das Thema präsentieren, um MEIN Ziel zu erreichen? Welche Zahlen zeige ich, rechne ich in die Summe hinein, damit ich mich durchsetze? Nicht selten – auch da wollen wir ehrlich sein – geht es auch darum „Was muß ich unternehmen, um endlich den Posten meines Chefs zu bekommen?“

Ja, natürlich. Das sind alles Spiele, die nicht mit dem Grundgedanken „Gamification“ zu vereinen sind. Oder eben doch? Immerhin schreiben Gesellschaftsspiele die „Blaupause“ für den Großteil unseres täglichen Handelns. Wenn wir also sowieso in unserem Alltag soviel spielen, warum sollte dann nicht auch in Deinem KMU der Gedanke des Gamification Einzug erhalten.

 

Du magst Gamification aber nicht?

Ach, Du magst lieber seriös zu arbeiten und willst Dein Unternehmen eher nicht in einen Freizeitpark mit angegliederter Produktionswerkstatt verwandeln. Diese „Gamification-Diskussion“ ist für Dich eher ein alter Hut aus neuem Material?

Nichts Neues. Kalter Kaffee eben.

Stimmt. Irgendwie zumindest.

Außerdem magst Du sowieso keine Gesellschaftspiele, also erst recht nicht in Deinem KMU.

Kann ich gut nachvollziehen. Ich spiele auch nicht gern. Außer manchmal mit meinen Kindern.

Auch wenn ja eigentlich alles hipp ist, was aus den USA zu uns rüberschwappt. Oh, das hatte ich vergessen:

Die Gamification-Revolution kommt aus den USA, ist aber in unseren Breitengraden noch in den Kinderschuhen. Dort ist es ganz toll, aber für unseren Kulturkreis darf der Ansatz noch ein bisschen angepasst werden

Also, zurück zum Fazit:

Diese Methode ist nett. Unternehmen, die meinen, dass es gut zur Unternehmenskultur passt, sollten sich gerne tiefer mit dieser Methode beschäftigen. Am Ende ist es ein Versuch, die Emotionen der Mitarbeiter zu wecken. Das ist gut so, denn darüber können sich KMUs auch von den Großkonzernen absetzen, wo emotionale Führung eher keinen Platz findet. Wenn dabei dann ein Reporting mit Blümchen in Reagenzgläsern entsteht, dann ist das ganz sicher eine tolle Idee.

Aber sein wir schonungslos offen und ehrlich: So wahnsinnig viel wirklich Neues ist nicht dabei. Wir haben schon immer gewusst: Wenn wir unsere Mitarbeiter richtig ansprechen, ihnen ein klares Ziel geben,  dann sind sie auch motiviert und kreativ. (Wie das mit diesem Motivations-Ding geht, können Sie übrigens hier nachlesen) Sobald es uns gelingt, mehrere Mitarbeiter für etwas zu begeistern,  entwickelt sich eine Gruppendynamik, die nur positiv für Dein KMU sein kein.

Das hat dann aber mehr mit einem guten Führungsstil zu tun, als mit der Spielifizierung unserer KMU-Prozesse, oder?

Game over.

Was meinst Du: Brauchen wir Gamification im Controlling und in Deinem KMU? Welche Vorteile / Nachteile siehst Du? Ich freue mich auf Deinen Kommentar.

So, jetzt bist Du dran. Der Kommentarbereich hier unten gehört jetzt Dir allein. Also, leg direkt los und vergiss nicht:

Ein 5-Sterne Controlling macht Dein Business erfolgreich!

 

bleib' erfolgreich!

Jörg Roos

Für Selbstständige & Geschäftsführer mache ich Finanzen einfach, damit sie die richtigen Entscheidungen treffen und so unternehmerisch gesund wachsen können.

Last Updated on 11. Dezember 2021 by Jörg

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